Auf ein Wort mit Jojo Ruth
Jojo Ruth ist Knapsacker Urgestein und schon fast eine Legende. Ab 1994 war er neben anderen Tätigkeiten für das Feierabendhaus zuständig, seit 2006 ausschließlich. Als er 2021 seinen Abschied nahm und in Rente ging, wurde Daniel Platen sein Nachfolger.
KnapsackSPIEGEL: Sicher haben Sie in all den Jahren, in denen Sie für das Feierabendhauszuständig waren, viel erlebt. Welche Erinnerungen sind Ihnen im Gedächtnis geblieben? Gab es besondere Begegnungen?
Ruth (lacht): Ich bin in all den Jahren mit so vielen unterschiedlichen Menschen zusammengekommen. Zu Hoechster Zeiten gab es hier regelmäßige Theaterabende. Alles was Rang und Namen in der damaligen Theaterszene hatte, war in Knapsack. Die einen waren freundlich, nett, ganz normal, die anderen führten sich als Spinner oder Diven auf. Ich hab mich all ihrer Wünsche und Probleme angenommen, ganz gleich, ob es um eine bestimmte Schwarzwälder Kirschtorte für Milva ging oder ein nicht aufgehender Vorhang bei einer Aufführung mit Pierre Brice. Mit Angela Merkel habe ich gesprochen, mit Stefan Raab, Markus Profittlich und, und, und …
KnapsackSPIEGEL: Da gab es sicher die ein oder andere Überraschung.
Ruth: Zum Beispiel Dieter Bohlen. Ich fürchtete Schlimmes, bevor er mit DSDS die Dreharbeiten im Feierabendhaus startete. Aber er war okay. Eine angenehme Überraschung. Am nettesten fand ich Udo Jürgens, der hier „Der Mann mit dem Fagott“ drehte. Keine Allüren, er saß in diesem Raum (im Baumzimmer, Anm. d. Red.) mit allen anderen und aß zu Mittag.
KnapsackSPIEGEL: Was ist die wichtigste Eigenschaft, die man mitbringen muss, um ein Gebäude wie das Feierabendhaus zu betreuen.
Ruht: Ein Allrounder muss man sein, sich mit allen gut halten und gleichzeitig aufpassen, dass keiner aus der Bude eine Achterbahn macht. Ich hatte immer den Anspruch, dass es gut läuft.
KnapsackSPIEGEL: Das klingt aufregend. Aber wird mit der Zeit aus Aufregung Gewöhnung?
Ruth: Nein. Ich war bei jeder Veranstaltung aufgeregt, egal ob Abiball, Industriekongress oder Staraufgebot. Manchmal lag ich im Bett und hab überlegt, was man wie am besten löst oder ob ich auch an alles gedacht habe …
KnapsackSPIEGEL: Haben Sie selbst auch mal im Feierabendhaus gefeiert?
Ruth: Zur Silberhochzeit mit meiner ersten, 2006 verstorbenen Ehefrau feierten wir im Kaminzimmer. Gleichzeitig gab es eine Veranstaltung im großen Saal. Als dort das Bier ausging und die Kollegen keinen Rat wussten, kamen sie zu mir. Ich hab dann eben mal neues besorgt …
KnapsackSPIEGEL: Sie haben noch die Hoechster Zeiten erlebt.
Ruth: Richtig, ich weiß noch wie die Arbeiter nach der Schicht auf ein Feierabendbier im Knapsacktreff zusammensaßen. Das Casino war ja ausschließlich den Professoren und Oberen vorbehalten, die hier tafelten und vor dem Kamin zusammensaßen. Das waren noch ganz andere Zeiten.
KnapsackSPIEGEL: Anfang der 2000er-Jahre gab es dann den großen Umbau.
Ruth: Die Aufteilung der Räume ist gleichgeblieben, aber technisch ist jetzt natürlich alles auf dem neuesten Stand. Auch Böden sind ausgetauscht worden. Der ursprüngliche Marmorboden aus dem Casino ist heute in den neuen Sanitäranlagen im Foyer verbaut. Leider ist damals aber auch viel verlorengegangen, vor allem Möbel. Das ein oder andere habe ich retten können, wie den Tisch mit Intarsien im Baumzimmer und einige Sitzgruppen und Stühle. Und auch Bilder des Künstlers Franz-Josef Blaschke, der mit dem Architekten des Feierabendhauses Karl Hell befreundet war. Hier im Casino hängen auch heute noch Bilder von ihm.
KnapsackSPIEGEL: Wie ist es für Sie, heute wieder hier zu sein?
Ruth: Es ist schön, hierher zu kommen und alle zu sehen, gleichzeitig fällt es mir schwer. Das Feierabendhaus war mein Leben, zeitweise sogar mein Zuhause. Ich war lange nicht vor Ort. Irgendwann muss man loslassen. Ich bin froh, dass Daniel mein Nachfolger ist. Er erfüllt den Job in meinem Sinne. Natürlich macht er Dinge anders als ich. Aber das ist auch gut so.“