28. Juni 2024

Rotkohl oder Blaukraut?

In der Kinderakademie der Rhein-Erft Akademie experimentieren kleine Forscher seit 2004.

Es ist neun Uhr morgens. Die 23 Kinder der vierten Klasse der Carl-Orff-Grundschule in Hürth haben gerade ihre weißen Kittel angezogen, einige flüstern, andere stehen noch etwas scheu am Rand, der Rest redet aufgeregt mit dem Nachbarn. Gleich gehen die Forscher-Pänz für einen halben Tag ins Labor. Davor noch die obligatorische Sicherheitsunterweisung – natürlich auf die 10-Jährigen zugeschnitten. Die Kinderakademie ist für alle Beteiligten ein Highlight im Berufs- und Schulalltag: „Die Kinder sind unglaublich aufmerksam, interessiert und wissbegierig“, sagt Bernd Königsmann, Ausbilder und Teamleiter Chemie bei der Rhein-Erft Akademie, der die Aktion regelmäßig begleitet. „Es macht sehr viel Spaß, mit ihnen zu arbeiten.“ 

Fast 100 Klassen haben die Kinderakademie seit dem Start 2004 bereits besucht. Jedes Jahr erhalten fünf von ihnen für einen Tag die Gelegenheit, in den Laboren der Rhein-Erft Akademie unter professioneller Anleitung zu experimentieren und zu forschen. Die Kinder kommen aus Grundschulen in Hürth, Kerpen, Erftstadt, Köln und Frechen. Durch ihre Versuche erfahren die Schüler*innen beispielsweise, warum Schwarz nicht gleich Schwarz ist, wie sie einen Feuerlöscher simulieren oder mit Rotkohlsaft Produkte aus dem Haushalt untersuchen. „Bei Säuren verfärbt sich der Rotkohlsaft rot, in neutralen Lösungen blau und bei Basen grün“, erläutert Ausbilder Stefan Königstein, der die Kinderakademie zusammen mit Königsmann organisiert. „Das erklärt, warum Rotkohl in manchen Regionen Blaukraut heißt.“ Auch er schätzt die Begeisterung der Kleinen. „Wenn wir das Prinzip des Feuerlöschers unter die Lupe nehmen, sehen wir immer in große Augen.“ Unterstützt werden die Ausbilder in der Regel durch Schülerpraktikant*innen, die mit den Kindern zusammen forschen und so eine Brücke zwischen den Pänz und den Erwachsenen schaffen.

In den Grundschulen selbst sind solche Experimente oft nicht möglich, es fehlen die nötigen Räume und Geräte. In der Rhein-Erft Akademie arbeiten die Kinder nicht nur mit professionellem Equipment, seit der Modernisierung und dem Umbau der Labore in 2022 und 2023 wurden die Räume auch optisch und funktionell noch einmal deutlich aufgewertet. 

LUST AUF CHEMIE WECKEN 

Bei der Finanzierung der Kinderakademie unterstützen Unternehmen im Chemiepark Knapsack regelmäßig. In den letzten Jahren übernahmen zum Beispiel Bayer, CABB, Clariant, HyCologne und Perimeter Solutions die Kosten für jeweils einen Tag. Dabei besuchen die Unternehmensvertreter auch die Kinder und erklären unter anderem, welche Stoffe aus dem Chemiepark sich in Alltagsprodukten wiederfinden oder berichten von ihrem eigenen Berufsweg. „Kürzlich ging es um Flammschutzmittel. Da habe ich auch noch etwas dazu gelernt“, so Königstein. Die ersten Erfahrungen in Chemielaboren wecken die Begeisterung für die Chemie – und bei einigen Kindern ein so großes Interesse, dass es ihre Berufswahl beeinflusst. „Die Tochter eines Betriebsleiters kam nicht nur zu mir in die Kinderakademie, wir haben sie später auch bei ihrer Ausbildung hier begleitet“, erinnert sich Königsmann. 

EIN „KÖNIG“ BLEIBT 

Für Königsmann war es die letzte Veranstaltung dieser Art. Ende des Jahres plant er seinen Ruhestand. Er hat die Aktion seit ihrem Start vor 20 Jahren betreut: „Leicht fällt mir der Abschied daher nicht.“ Sein Kollege Königstein wird die Federführung übernehmen. Auch er ist seit vielen Jahren dabei. Der nächste Termin für die Kinderakademie im Januar 2025 steht schon fest. 

Um ein Uhr mittags liegen die weißen Kittel in der Wäschebox. 23 Kinder treten die Heimreise an. Erschöpft, aber glücklich.

Neue Labore: mehr Platz, mehr Plätze 

2022 hat die Rhein-Erft Akademie das Labor der angehenden Chemikant*innen umgebaut, 2023 folgte der Bereich der Chemielaborant*innen. „Die alten Räume aus den Siebzigern waren voll funktionsfähig, aber einfach nicht mehr zeitgemäß, gerade wenn es um eine motivierende Lernatmosphäre geht“, sagt Bernd Königsmann. Nun sind sie hell, funktionell und technisch auf dem neuesten Stand. So steht beispielsweise in jedem Labor vollentsalztes Wasser über eine Leitung bereit. Früher musste dieses Wasser mit Kanistern dorthin transportiert werden. Benötigte Utensilien finden sich in Griffweite. Die Chemielaborant*innen erhielten zusätzlich zu den Plätzen am Abzug eine komfortable Punktabsaugung. Auch die Reinigung gestaltet sich nun deutlich einfacher. 

ENDLICH AUF EINER ETAGE 

Die umfassende Modernisierung sorgte darüber hinaus für mehr Arbeitsplätze. Für die Chemikant*innen stehen nach dem Umbau 18 statt 12 Plätze bereit, der Raum der Chemielaborant*innen wurde von 8 auf 14 Plätze aufgestockt. Eine zusätzliche Tür zum Wägeraum ermöglicht jetzt den Zugang von beiden Laboren – ein Plus für die Arbeitssicherheit. Außerdem sorgt ein neu geschaffener Unterrichtsraum mit Trennwand für mehr Flexibilität bei Schulungen. Durch den Umbau von Laboren und Unterrichtsraum ist die komplette Laborausbildung der Chemielaborant*innen und Chemikant*innen nun nicht mehr über mehrere Ebenen verteilt, sondern komplett auf der zweiten Etage untergebracht.