08. August 2024

Eine Tour durch das Feierabendhaus

Aus der Reihe "Hidden Places im und um den Chemiepark Knapsack".

Es fühlt sich ein bisschen an wie eine Expedition. Im Gepäck eine Fotoausrüstung, Schreibblock und Stift, als „Guide“ Daniel Platen, der sich im Feierabendhaus auskennt wie kein anderer – außer seinem Vorgänger Jojo Ruth, wie Platen anmerkt. Ein Hinab-und Hinaufsteigen in die verborgenen Winkel des Feierabendhauses beginnt. Je länger die Tour dauert, desto mehr durchdringt die Vergangenheit die Gegenwart. Das Haus ist ein Zeitzeuge der Jahre seit 1957 hier in Knapsack.

Ein Blick hinter die Kulissen

Original-Schminktische, -Kleiderleiste und -Stühle bestücken die alten Garderoben. Heute ist die Stimmung hier nostalgisch, früher flirrte die Luft vom Lampenfieber. Künstler*innen nutzen heutzutage die beiden VIP-Garderoben im zweiten Untergeschoss. Sie bieten ihnen einen modernisierten Rückzugsort.

Auf der alten Kegelbahn sucht man den Lichtschalter vergeblich. Hier rollen schon lange keine Kugeln mehr. Im Schein der Taschenlampen nackte Betonwände mit den letzten Resten der Wandvertäfelung und Brandspuren. Wie brach das Feuer aus? Platen zuckt mit den Schultern. Es gibt da so einige Geschichten. Am Ende der Bahn leuchten über dem Kegelstand ein paar gelbe Kegel, die dort vergessen im Stellautomaten hängen. 

Der sogenannte Bananenraum trägt seinen Namen nicht etwa wegen der tropischen Temperaturen, die in ihm herrschen, sondern wegen seiner Form. Woher kommt’s? Der Grundriss folgt dem halbrunden Bühnenabschluss, der eine Etage höher über dem Raum verläuft. Das warme Klima erzeugt übrigens die Dampfleitung, die durch das Gebäude verlegt ist.

Der alte Orchestergraben im großen Saal wurde geschlossen. Im Parkett auf der Bühne ließ sich einst eine Klappe öffnen, die hinunterführt. Hier flüsterte eine Souffleuse oder ein Souffleur die fehlenden Worte.

Der Casino-Trakt mit seinen diversen Räumen war ursprünglich den Führungskräften vorbehalten. Im Kaminzimmer, das heute noch am meisten Geschichte atmet, erinnern Porzellanstücke aus Höchst an die Frankfurter Verbindungen. 

Die Erkundung führt durch weitere Lagerräume mit Original-Mobiliar aus den 50er- und 60er-Jahren.

Die Tour endet – das ist keine Frage – im großen Saal. Noch am vergangenen Abend wurde hier gefeiert. „Später kommt der Putztrupp, der auch den Parkettboden aus den 50er-Jahren bohnert“, sagt Platen. Der riesige Raum, der Nachklang von vielen Feiern und Versammlungen, Menschen, Geschichten. Ganz schön viel gesehen.